Das Geheimnis der Holztruhe

Ab 6 Jahre | Ca. 10 Minuten | Elara Knight

Darum geht's

Was rummelt da so laut, als Maggie und Felix schlafen wollen? Gemeinsam entdecken sie die geheimnisvolle Holztruhe auf dem Dachboden und erleben ein lehrreiches Abenteuer!

Das Geheimnis der Holztruhe | Seite 1/3

Pyjamaparty im Hause Mutig.

«Mädchen sind Angsthasen», forderte Felix seine beste Freundin heraus.

«Sind wir gar nicht», konterte Maggie. «Aber du bist ein Zwerg», zog sie ihn auf. Maggie war für eine Achtjährige recht groß und überragte ihren Freund um einen Kopf. Sogar einen ganzen.

«Du bist doof», antwortete Felix diesmal kleinlauter.

«Du auch, und jetzt gute Nacht.» Der Lockenkopf gähnte ihrem Freund was vor.

«Gute Nacht», gab Felix mit einem Brummen von sich.

Die beiden schliefen friedlich. Ja, bis die Turmglocke zur Geisterstunde schlug. Bim, bam. Bim, bam. Beim letzten Bam schreckte Felix hoch. «D… du … Maggie, bist du wach?»

«Neee, bin ich nicht», nuschelte Maggie.

«Hast du das gehört?», fragte Felix zähneklappernd.

Knack. Rums. Quietsch.

«Hab ich», flüsterte Maggie. «Das Geräusch kommt vom Dachboden.»

«D… Dachboden. Gruselig. Wecken wir deine Eltern!»

«Ne, meine Eltern schlafen wie Steine. Die bekommen wir nicht wach. Wir schauen selbst nach.» Maggie sprang aus dem Bett und kramte in ihrem Nachtkästchen und zog aus der obersten Schublade zwei Taschenlampen. Eine davon drückte sie Felix in die Hand.

Jetzt fehlte nur noch eine Sache. Maggie griff nach der roten Umhängetasche, die immer in der Nähe ihres Bettes lag. Gepackt für einen Notfall. Und das war ein besonders gruseliger Notfall.

«Brauchst du die Tasche wirklich?»

«Na klar, das ist meine Abenteuertasche», bestätigte Maggie.

«Und was ist da drin?»

«Ein Kamm, eine Nähnadel, ein Stift, zwei Nägel, ein Hämmerchen, ein Stück Wolle, Gummibärchen für den kleinen Hunger und natürlich Pflaster.»

«Ein Kamm? Fehlt nur noch dein Nagellack?», zog Felix sie auf.

«Haha, sehr witzig. Wozu sollte man Nagellack auf ein Abenteuer mitnehmen?»

«Also, wozu brauchen wir das alles?», wollte Felix wissen.

«Für jedes Abenteuer braucht man seine Ausrüstung. Komm los, wir gehen», sagte Maggie und schob den bibbernden Jungen aus der Kinderzimmertür.

Das Licht im Flur blieb aus, denn falls die Eltern doch wach werden sollten, wollten sie nicht gleich entdeckt werden. Die Holztreppe zum Speicher befand sich wenige Meter vom Kinderzimmer entfernt. Leise schlichen sie im Lichtkegel der Taschenlampen die Treppe hinauf. Maggie drückte die Türklinke nach unten, und die alte Tür öffnete sich erstaunlich geräuschlos. In der Mitte des Dachbodens stand eine Holztruhe mit Eisenbeschlägen, deren Deckel offenstand.

Maggie steuerte direkt auf die Truhe zu. «Merkwürdig.»

«Was ist daran merkwürdig?», fragte Felix dicht bei Maggie.

«Mama und Papa haben jeden Schlüssel ausprobiert, den sie finden konnten. Doch das Schloss blieb verschlossen. Die Kiste hat mal Uropa gehört, und keiner weiß, wo der Schlüssel ist. Und jetzt steht sie offen, einfach so», erklärte Maggie.

Das Licht der Taschenlampen begann zu flackern. Und plötzlich war alles dunkel. Doch bevor die Kinder darauf reagieren konnten, flogen leuchtende Sterne und Funken aus der Truhe. Fast wie ein Feuerwerk in allen Farben. Gelb … blau … lila … pink. Das Sternengewirr formte einen Strudel und zog Maggie und Felix mit sich in die Kiste hinein.

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Sie fielen am vollen Mond vorbei, durch die Wolken, vorbei an Bäumen und landeten sanft in weichem Gras.
«Bist du in Ordnung, Felix?»

Der Junge tastete seine Arme und Beine ab. Alles noch dran.

«Ja, und du?»

«Bei mir auch. Wow, was war das? Und wo sind wir?»

Die Freunde sahen sich um. Das Mondlicht erleuchtete die Umgebung. Neben ihnen ragten die hohen Mauern einer Burg auf. Die Fenster waren nachtschwarz. Doch dann flirrte ein weißer Schimmer vorbei. Und es erklang ein Buuhh, krrrr, Rauschen.

Maggie und Felix sahen sich an. Das weiße Ding flog auf sie zu. Die Kinder nahmen ihre Beine sprichwörtlich in die Hand und rannten los. Nur schnell weg.

Vor ihnen war die Zugbrücke heruntergelassen, und sie hetzten durch das hochgezogene Tor. Im Augenwinkel entdeckte Maggie ein Schild, auf dem stand: Schloss Geisterstunde. Sie rannten weiter in den Innenhof. Die Kinder versteckten sich hinter einem Karren mit Stroh.

Völlig außer Atem stellte Felix die wichtigste Frage: «War das ein Geist?»

Wie zur Antwort ertönte wieder das Buuhh, krrrr, Rauschen.

«Ich finde, der Geist klingt eher wie ein rauschendes Radio», stellte Maggie verdutzt fest. «Hör doch mal.»

Buuhh, krrrr, Rauschen.

«Du hast recht», bestätigte Felix.

«Irgendetwas stimmt mit dem Gespenst nicht. Komm, wir schauen uns das genauer an», schlug Maggie vor.

«W… Was? Ich will nicht. Ich traue mich nicht», entgegnete Felix.

Maggie nahm ihren Freund bei der Hand. «Wir beide sind doch echte Abenteurer. Es ist okay, Angst zu haben, aber wir sind Freunde und wir schaffen das zusammen.»

«Danke, Maggie», sagte Felix, und beide verließen Hand in Hand das Versteck.

Das flirrende weiße Gespenst sauste auf die Kinder zu.

«Halt!», brüllte Maggie. «Warum klingst du nicht wie ein normaler Geist?»

Und das Gespenst hielt unverzüglich an und schwebte vor den Kindern. «Habt ihr gar keine Angst vor mir?»

«Ein bisschen schon», gab Maggie zu, «aber du hörst dich irgendwie traurig an.»

«Ihr könnt das hören?» Das Gespenst brach in Tränen aus – also wenn es noch weinen könnte. Es war eher ein Schluchzen. «Die anderen Gespenster sagen auch, dass ich nicht gruselig bin.»

«Woran liegt das?», fragte Felix die Mitternachtsgestalt.

Das Gespenst zeigte auf sein Gewand, das voller Löcher war. «Deshalb das Rauschen, die Luft zieht durch die Löcher.»

«Kann man das nicht reparieren?», hakte Maggie nach.

«Doch, das geht. Aber ich kann nicht nähen. Und ich brauche einen besonderen Faden. Eine Spinne namens Geisterfadenweberin spinnt ihre Netze daraus.»

Maggie durchsuchte ihre Abenteuertasche. Sie wurde fündig. Wie einen Pokal hielt sie ihre Nähnadel in die Höhe. «Ich kann dir die Löcher flicken. Wo finde ich diese Fadenweberin?»

«In jeder finsteren Ecke wirst du eine finden. Aber sie trennt sich nur ungern von ihren Fäden.»

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Die drei liefen, ähm, schwebten zur Festungsmauer. Da hockte in einer Ecke die Gespensterfadenweberin in ihrem prächtigen Netz. Die Fäden schimmerten silbrig im Mondlicht.

«Hallo Frau Spinne, ich wünsche Ihnen einen schönen Abend», sprach Maggie die Spinnendame an.

«Danke, kleines Mädchen, ich wünsche euch auch einen schönen Abend. Aber, ehrlich gesagt, mich fröstelt es bei Vollmond immer. Ich würde mir gerne einen Schal stricken, denn Stricken und Weben ist mein Element, müsst ihr wissen. Doch mein Faden ist ungeeignet, er sieht nett aus, warm ist er aber nicht», klagte die Gespensterfadenweberin.

Das Mädchen zeigte der Spinne ihren Arm und sagte: «Da haben Sie recht, diese Nacht ist wirklich frisch. Ich habe auch schon Gänsehaut, sehen Sie?» Da hatte Maggie die zündende Idee. Sie kramte erneut in ihrer Tasche und zog die Wolle heraus. «Frau Spinne, würden Sie Ihr Netz für kuschelige Wolle eintauschen? Unserem Freund, dem Gespenst, würde es sehr helfen. Der Arme ist ganz traurig wegen seiner Löcher.»

Die Gespensterfadenweberin krabbelte sofort aus ihrem Netz und sagte vor Freude: «Kleines Mädchen, mit der Wolle erfüllst du mir einen Traum, danke schön!» Die Spinne wickelte ihr Netz zu einem silbrigen Garn und übergab es dem Mädchen. Dann hockte sie sich wieder in die Ecke und strickte mit ihren klappernden Nadeln den Schal.

«Das war ein spitzen Einfall», lobte Felix seine Freundin. «Ich sage nie wieder etwas über deine Abenteuertasche.»

Maggie fädelte das Garn durch das Nadelöhr ihrer Nähnadel. Das Gespenst schwebte herab und setzte sich, so gut es ging, auf die Wurzel eines riesigen Baumes. Mit gekonnten Stichen vernähte das Mädchen jedes einzelne Loch.

«So, fertig. Komm, probier es aus, ob die Nähte halten», ermunterte Maggie das Gespenst.

Es schoss hoch in die sternenklare Nacht, vollführte einen Freudenlooping nach dem anderen und schwebte wieder zu seinen neuen Freunden hinunter. Und man hörte nichts. Kein Kreischen. Kein Rauschen. Nur wenn es jemanden erschrecken wollte, hörte man ein Buuhh. Aber das Buuhh war natürlich nur zum Testen. Diese Kinder würde es nicht mehr erschrecken. «Danke, Maggie und Felix, dass ihr mir geholfen habt. Jetzt kann ich wieder durch die Nacht spuken. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder», sprach das Gespenst und verschwand.

Die Kinder sahen dem Gespenst nach, bis selbst das weiße Flirren, nicht mehr zu erkennen war.

Wie zuvor auf dem Dachboden ergriff plötzlich der Strudel aus Sternen und Funken die Kinder, und bevor sie wieder verstanden, was geschah, landeten sie zu Hause auf dem Speicher vor der Holztruhe.

Zurück im Kinderzimmer ergriff Felix das Wort: «Maggie, du bist kein Angsthase. Du bist das mutigste Mädchen, das ich kenne! Danke, dass du mir geholfen hast. Es ist in Ordnung, Angst zu haben und es war schön, dass wir zusammen mutig waren.»

«Nur zusammen haben wir unsere Abenteuer geschafft», bestätigte Maggie.

«Nächste Woche möchte ich wieder bei dir übernachten. Meinst du, dass wir dann wieder auf den Dachboden gehen sollten?», fragte Felix hoffnungsvoll.

«Sollten wir», antwortete sie. «Aber jetzt schlafen wir erst einmal. Gute Nacht, Felix», sagte Maggie, kuschelte sich in ihre Decke, schloss die Augen und schlief kurz darauf ein.

Papierflieger mit drei Sternen

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Elara Knight Kinderbuchautorin

Rezensionen zu dieser Geschichte

Leserbewertungen

5,0
5,0 von 5 Sternen (basierend auf 3 Bewertungen)
Ausgezeichnet100%
Sehr gut0%
Durchschnittlich0%
Schlecht0%
Furchtbar0%

Sehr gut auch für ältere

6. März 2024

Lese das schon zum 4. Mal meiner Freundin vor, sie liebt gute nacht geschichten und die und der 2. Teil ganz besonders

Maxi

Sehr gut

14. Februar 2024

Ist eine schöne Geschichte

Leon

Wir warten auf den nächsten Teil

7. August 2023

Hallo,

meinen Kindern hat die Geschichte sehr gefallen, spannend und mit toller Botschaft. Wir warten schon auf den nächsten Teil!

Victoria
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