Der einsame Magier
🎯 ab 8 Jahren
🕔 ca. 8 Minuten
📚 zum Kinderbuch “Der Fluch aus der Flasche”
Darum geht's
Der mächtige Magier Lorenzo lebt seit seiner Verbannung einsam auf einer verlassenen Insel. Er hat sich fest vorgenommen, sich nur noch um sich selbst zu kümmern. Bis ein freundliches Eichhörnchen in seiner Höhle auftaucht und das Herz des Magiers wieder warm werden lässt.
„Diese undankbaren Menschen! Da will man ihnen helfen und dann das“, grummelt der junge Magier Lorenzo.
Wie jeden Abend sitzt er allein am Lagerfeuer und schimpft über die Undankbarkeit, die auf dieser Welt herrscht. Nie wieder würde er einem anderen helfen, das steht für ihn ganz klar fest.
Denn vor gar nicht langer Zeit hat er die Menschen der Goldenen Stadt vor dem bösen Räuber Aziz gerettet. Die Bewohner haben ihn gefeiert, doch die Herrscher misstrauten ihm. Sie hatten Angst, er könne seine Fähigkeiten gegen sie richten und setzten ein Kopfgeld auf ihn aus. Getrieben von der Gier nach der Belohnung, richteten sich die Bewohner der Stadt gegen ihn. Enttäuscht lief er davon und machte sich auf die Suche nach einem neuen Zuhause, wo er weit weg von allen Menschen leben konnte.
Seine Reise hat ihn über das weite Meer auf diese kleine einsame Insel geführt. Hier gibt es keine Menschen. Nur einen hohen Berg, von dem aus man die gesamte Insel überblicken kann, umgeben von einem dichten Urwald und einigen wilden Tieren.
Einsam und verlassen lebt der Magier nun in einer Höhle am Fuße des Berges, die er mühsam mit allem eingerichtet hat, was er braucht. Seine Magie hat er dabei nicht eingesetzt. Das würde er nie wieder tun, denn diese Fähigkeit hatte ihn schließlich erst in diese missliche Lage gebracht. Wie er so über die Vergangenheit nachdenkt, hört er ein leises Rascheln aus seiner Höhle.
Er greift nach einem Stock und schleicht auf Zehenspitzen zum Höhleneingang. Da entdeckt der zwischen seinen Körben mit den Haselnüssen und Früchten ein kleines Eichhörnchen, das geschäftig von einem Korb zum nächsten springt.
„Verschwinde, das sind meine Vorräte!“, ruft Lorenzo wütend. „Such dir deine eigenen!“
Das Eichhörnchen zieht erschrocken den Kopf ein. Vorsichtig blickt es zu Lorenzo auf und streckt ihm eine Haselnuss entgegen.
„Meine Nüsse bekommst du nicht. Ich kümmere mich nur noch um mich selbst und um niemand anderen.“
Traurig schaut der Nager zwischen Lorenzo und der Nuss hin und her. Mit großen Augen schaut es ihn an und streicht mit der Pfote über seinen pelzigen Bauch. Doch der Magier lässt sich davon nicht erweichen. „Verschwinde!“, ruft er erneut und klopft mit dem Stock kräftig auf den Boden. Das Eichhörnchen lässt die Nuss fallen und eilt hastig davon.
Am nächsten Morgen sitzt Lorenzo an dem kleinen Bach, der in seiner Höhle entspringt und wäscht seine Kleider. Als es im Gebüsch neben ihm raschelt, schaut er auf. Erschrocken zuckt er zusammen, als mit einem Mal das kleine Eichhörnchen heraus hüpft. Vor dem Magier bleibt es sitzen und schaut ihm in die Augen. Es sieht aus, als würde es ihn anlächeln. Stolz holt es eine Nuss hinter seinem Rücken hervor und streckt sie dem Mann entgegen.
„Ist die für mich?“, fragt er verwundert.
Das Eichhörnchen nickt.
Lorenzo zögert einen Moment. Doch seine Miene verhärtet sich wieder. „Ich brauche deine Nüsse nicht. Ich sorge für mich selbst und brauche keine Hilfe!“, brummt er mürrisch. Traurig lässt das Tier den Kopf hängen und springt davon.
Am nächsten Tag erscheint das hartnäckige Tier abermals vor der Höhle. Es möchte dem Magier erneut ein Geschenk machen. Dieses Mal hat es sogar zwei Haselnüsse dabei.
„Habe ich nicht gesagt, du sollst verschwinden? Ich brauche niemanden!“
Das Eichhörnchen legt die Nüsse vor die Höhle und springt davon.
Verwundert schaut Lorenzo auf das Geschenk. „Was will dieses anhängliche Tier nur von mir?“, fragt er sich im Stillen. Kaum hat er den Gedanken zu Ende gedacht, erscheint das Eichhörnchen schon wieder auf der Lichtung und hüpft aufgeregt und laut quiekend auf und ab.
„Was machst du für einen Lärm. Du sollst verschwinden! Ich will meine Ruhe haben.“
Doch dieses Mal lässt sich das Tier nicht so leicht vertreiben. Es hüpft auf Lorenzo zu und stupst ihn immer wieder an, während es mit der anderen Pfote auf den Horizont zeigt.
Lorenzos Blick richtet sich in die Ferne. Er erblickt eine schwarze Wolke, die sich schnell und bedrohlich der Insel nähert. „Es kommt Regen. Na und …?“, grummelt er, dreht sich um und geht in seine Höhle.
Eilig springt das Eichhörnchen hinterher und zieht an seinem Hosenbein.
„Was soll das denn?“, schimpft der Magier und versucht, es abzuschütteln.
Doch das kleine Tier lässt nicht locker. Es zieht immer kräftiger und zeigt mit seiner Pfote auf den Berg.
„Willst du mir etwas zeigen? Soll ich dir folgen?“, fragt Lorenzo schließlich genervt.
Das Eichhörnchen nickt heftig mit seinem Köpfchen und eilt flink den Berg hinauf. Lorenzo folgt ihm stöhnend durch den dichten Urwald. Immer wieder blickt es zurück, um sich zu versichern, dass der Magier ihm tatsächlich folgt. Sie sind noch nicht weit gekommen, als der erste dicke Regentropfen auf Lorenzos Nase landet. Gleich darauf noch einer. Und ein weiterer. Wenig später peitscht der Regen erbarmungslos auf die Erde nieder und erschwert dem Magier den Aufstieg ungemein.
„Was mache ich hier eigentlich?“, fragt Lorenzo mürrisch, als er auf dem nassen Moos ausrutscht und zu Boden fällt. Doch das Eichhörnchen lässt nicht locker. Aufgeregt zeigt es auf den Gipfel des Berges und treibt Lorenzo quiekend an. Bis ganz nach oben auf den Berg führt es den Mann. Endlich angekommen schnauft er schwer und stützt sich mit den Händen auf seinen Knien ab.
„Sind wir endlich da?“, fragt er.
Das Eichhörnchen nickt.
„Gut. Und was wolltest du mir zeigen?“
Lorenzo schaut in die Richtung, in die das aufgeregte Tier zeigt. Mit weit aufgerissenen Augen erblickt er eine riesige Welle, die auf die Insel zurollt. Sprachlos muss er mit ansehen, wie die Wassermassen auf das Land treffen und alles überfluten.
„Du hast mich gerettet …“, wird es Lorenzo mit einem Mal klar.
Das Eichhörnchen nickt.
„Aber warum? Ich war so unfreundlich zu dir.“
Das Eichhörnchen zuckt mit den Schultern und lächelt Lorenzo unsicher an.
Der Magier streckt eine Hand nach dem Tier aus. Vorsichtig schnüffelt es daran. Mit einem Mal springt es mutig auf Lorenzos Arm und lässt sich auf seiner Schulter nieder.
„Ich danke dir!“, flüstert er seinem Retter zu und krault ihm das Fell.
Gemeinsam stehen die beiden im Regen und schauen traurig zu, wie das Wasser zurückfließt in das weite Meer.
Als das Unwetter vorüber ist, machen sie sich gemeinsam auf den Weg zur Höhle. Sie wollen sehen, was von Lorenzos Zuhause übriggeblieben ist. Unten angekommen sinkt der Magier entsetzt zu Boden. Das Wasser halt alles mit sich gerissen. Zurückgeblieben sind nur Matsch, Äste und Geröll.
Ohne zu zögern, hüpft der kleine Nager in die Höhle, schnappt sich zwei kleine Äste und trägt sie heraus. Eine Weile beobachtet der Magier staunend das Treiben.
„Du hilfst mir auch noch beim Aufräumen?“, fragt er perplex.
Das Eichhörnchen schaut kurz auf und springt unbeirrt weiter. Lorenzo fasst neuen Mut. Tatkräftig macht er sich an die Arbeit, fest davon überzeugt, ein noch schöneres Heim für sich und seinen neuen Freund zu schaffen.
Für dieses tapfere und loyale Wesen möchte er da sein, so wie es für ihn da war. Nie hätte er gedacht, dass ein kleines Eichhörnchen einem mächtigen Magier wie ihm, so eine wichtige Lektion über Nächstenliebe und Freundschaft lehren würde.
Kinderbuch zur Geschichte
Der Fluch aus der Flasche
Kinderbuch ab 8 Jahren über Seefahrer, Zauberer und einen mystischen Fluch. Eine Abenteuergeschichte voller Mut, Zusammenhalt und Freundschaft.
14,95 € | Softcover
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