Illustration zu einer Halloween-Geschichte, eine Hand klopft um Mitternacht an die Tür

Der unheimliche Mitternachtsklopfer

📚 Kindergeschichte ab 6 Jahren

🕔 Lesezeit: ca. 8 Minuten

📝 Thema: Halloween

5,0 von 5 Sternen (basierend auf 1 Bewertung)
Beschreibung

In der Straße von Clara und Jonas ist jedes Jahr zu Halloween ein unheimliches Klopfen zu hören. Alle nennen ihn “Mitternachtsklopfer”, aber niemand hat bisher etwas gesehen. Doch als sich die Geschwister auf die Lauer legen, entdecken sie um Mitternacht etwas…

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Jedes Jahr kurz vor Halloween passierte etwas Seltsames in der Straße von Clara und Jonas. Es begann immer ganz harmlos: ein leises Klopfen, das man nur nachts hörte. Einmal, dann zweimal, ganz sanft. Niemand wusste, wer oder was es war, und jedes Jahr rätselten die Nachbarn aufs Neue. Aber eines stand fest – sobald das Klopfen begann, wurde es für die Kinder der Stadt richtig gruselig.

Clara und Jonas liebten Halloween und alles, was dazu gehörte: Kürbisschnitzen, Geistergeschichten und natürlich die Süßigkeiten. Aber der „Mitternachtsklopfer“, wie sie ihn nannten, bereitete ihnen jedes Jahr aufs Neue eine Gänsehaut.

„Hast du es letzte Nacht gehört?“ fragte Clara, während sie in der Küche saßen und Kekse für die Halloween-Party verzierten.

Jonas nickte ernst. „Ja, genau um Mitternacht. Es war ganz leise, aber eindeutig. Drei Mal – Klopf, klopf, klopf. Als ich aus dem Fenster schaute, war niemand da.“

„Es wird jedes Jahr seltsamer“, sagte Clara und verzierte ihren Keks mit einem gruseligen Spinnennetz. „Letztes Jahr hat sich ein Kind aus der Nachbarschaft so erschreckt, dass es die ganze Nacht nicht schlafen konnte.“

Die beiden Kinder beschlossen, dieses Jahr dem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Sie waren fest entschlossen herauszufinden, wer der Mitternachtsklopfer war und warum er jedes Jahr in der Halloween-Nacht auftauchte. Klar war nur, dass niemand ihn je gesehen hatte.

„Wir müssen heute Nacht wach bleiben“, schlug Jonas vor. „Dann können wir vielleicht sehen, wer oder was es ist.“

Clara war sofort begeistert von der Idee. „Wir bauen uns eine kleine Zentrale in meinem Zimmer auf! Mit Decken, Taschenlampen und allem, was wir brauchen. Und wir verstecken uns am Fenster.“

So verging der Tag mit allen Vorbereitungen, und als die Dämmerung einbrach, hatten Clara und Jonas ihr kleines Lager aufgebaut. Sie lagen in Schlafsäcken, Taschenlampen griffbereit, und starrten aus dem Fenster auf die dunkle Straße. Die Uhr tickte langsam, und mit jedem Schlag rückte die Mitternacht näher.

„Hoffentlich passiert was“, murmelte Jonas, während er sich nervös umdrehte.

„Es passiert jedes Jahr“, sagte Clara bestimmt. „Also, sei still und hör genau hin.“

Dann, als der Zeiger der alten Standuhr in der Ecke auf zwölf sprang, hörten sie es. Ein leises, kaum hörbares „Klopf, klopf, klopf“. Die beiden Kinder hielten den Atem an.

„Da ist es wieder!“ flüsterte Jonas und griff nach der Taschenlampe. Sie sprangen aus ihren Schlafsäcken und schlichen zum Fenster, das leicht beschlagen war. Clara wischte schnell über das Glas. Dann spähten sie beide hinaus in die Dunkelheit. Doch die Straße lag still und leer vor ihnen.

„Da ist niemand“, flüsterte Clara enttäuscht.

„Warte“, sagte Jonas plötzlich und deutete auf etwas, das sich bewegte. Am Ende der Straße stand eine Gestalt, die kaum im fahlen Mondlicht zu erkennen war. Sie schien langsam von Haus zu Haus zu gehen und an jeder Tür sanft zu klopfen. Ihr Kopf war von einer großen Kapuze verdeckt, und sie trug etwas, das wie ein altes, zerfleddertes Gewand aussah.

„Siehst du das?“ flüsterte Jonas mit großen Augen.

Clara nickte stumm. Ihre Hände zitterten leicht, doch sie spürte auch ein Kribbeln der Aufregung. „Wir müssen ihm folgen“, entschied sie plötzlich. „Das ist unsere Chance!“

Ohne lange zu überlegen, schlichen sich die beiden durch das Haus, griffen ihre Taschenlampen und schlüpften leise aus der Hintertür. Der kalte Nachtwind zog durch die Bäume, und die Blätter knisterten unter ihren Füßen. Vorsichtig folgten sie der Gestalt, die nun beim nächsten Haus klopfte, ohne dass jemand die Tür öffnete.

Clara und Jonas versteckten sich hinter einem Busch und beobachteten, wie der Klopfer sich zum nächsten Haus bewegte. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich leicht um. Die Kinder duckten sich instinktiv tiefer in ihr Versteck. Hatte er sie bemerkt?

Das Klopfen setzte wieder ein – leise, unheimlich, aber beständig.

„Was sollen wir tun?“ flüsterte Jonas. „Wenn er uns sieht…“

„Wir müssen ihm bis zu seinem Versteck folgen“, sagte Clara entschlossen. „Irgendwo muss er doch hingehen.“

Die Gestalt ging weiter die Straße hinunter, bis sie schließlich in eine kleine Seitengasse einbog. Clara und Jonas folgten ihr mit pochenden Herzen. In der Gasse lag ein altes, verfallenes Haus, das schon lange verlassen war. Die Fenster waren zerbrochen, und die Tür hing schief in den Angeln.

„Er geht da rein“, flüsterte Jonas entsetzt. „In das Spukhaus!“

Clara nahm all ihren Mut zusammen. „Genau dahin müssen wir auch.“

Sie schlichen sich näher an das Haus heran und beobachteten, wie die Gestalt langsam durch die kaputte Tür schwebte. Eine Weile lang blieben sie stehen und lauschten, doch alles, was sie hörten, war der Wind, der durch die leeren Fenster pfiff.

„Los“, sagte Clara schließlich und zog Jonas mit sich.

Drinnen war es noch unheimlicher, als sie erwartet hatten. Die Wände waren von Rissen durchzogen, und Spinnweben hingen in den Ecken. Das Licht ihrer Taschenlampen zitterte, als sie durch die düsteren Räume schlichen. Plötzlich hörten sie wieder das vertraute „Klopf, klopf, klopf“.

Sie folgten dem Geräusch bis in den hinteren Teil des Hauses, wo sie eine Tür fanden, die halb offen stand. Als sie hindurchschauten, trauten sie ihren Augen kaum. In dem kleinen Raum saß die Gestalt auf einem alten Stuhl, die Kapuze jetzt zurückgezogen. Zum Vorschein kam ein älterer Mann mit traurigen, müden Augen.

„Ihr habt mich also gefunden“, sagte er leise, ohne sich umzudrehen. Seine Stimme klang brüchig und seltsam melancholisch.

Clara und Jonas standen wie versteinert. Der Mann sah zwar unheimlich aus, aber er wirkte nicht bedrohlich – eher traurig.

„Wer bist du?“ fragte Clara schließlich mutig.

Der Mann seufzte tief. „Ich bin der Mitternachtsklopfer“, sagte er. „Seit vielen Jahren klopfe ich an Türen – immer auf der Suche nach einer Antwort, die ich nie bekomme.“

„Warum?“ fragte Jonas verwirrt. „Was suchst du?“

Der Mitternachtsklopfer sah sie an, und seine Augen schimmerten im schwachen Licht. „Ich suche jemanden, der mir verzeiht.“

Clara und Jonas tauschten einen Blick. Sie verstanden nicht ganz, was der alte Mann meinte, aber sie spürten, dass er keine Gefahr darstellte. Stattdessen fühlten sie Mitgefühl für ihn.

„Was denn verzeihen?“, sagte Clara vorsichtig.

Der Mitternachtsklopfer lächelte traurig. „Viele Jahre lang an Halloween, habe ich Kinder enttäuscht. Nie habe ich Süßigkeiten besorgt und wenn Kinder klingelt, öffnete ich nie die Tür. Ich sah zu, wie alle, die zu meinem Haus kamen, traurig fort gingen.“ 

“Das ist wirklich traurig”, murmelte Jonas. Woraufhin er einen bösen Blick von Clara bekam.

“Wir beide lieben Halloween und trotzdem verzeihen wir dir”, antwortete Clara mit einem Lächeln.

Da begann die Gestalt des alten Mannes plötzlich zu flimmern, und ehe sich die Geschwister versahen, verschwand er – lautlos, als wäre er nie da gewesen.

Die Kinder standen noch lange still in dem verlassenen Haus. Das Klopfen war nun nicht mehr zu hören. Schließlich gingen sie zurück nach Hause. Clara und Jonas konnten nicht ganz erklären, was sie gerade erlebt hatten. Doch sie wussten, dass der Mitternachtsklopfer in dieser Halloween-Nacht zum letzten Mal geklopft hatte.

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