Kapitel 2: Ein eigenes Tipi im Wald
Darum geht's
Ella und Henri bauen im Wald ein Tipi als ihr Ferien-Zuhause, doch als die Äste plötzlich magisch aufleuchten, beginnt ein aufregendes Abenteuer. Wird ihre Freundschaft ihnen helfen, das Geheimnis des Waldes zu lüften?
Ella und Henri schleudern die Rucksäcke davon und laufen ein Stück in den Wald hinein.
Schnell finden die Freunde, wonach sie suchen: einen langen, dicken Ast. Ein Sturm muss ihn vom Baum geweht haben. Mit vereinten Kräften tragen sie den Ast zur Rotbuche am Waldesrand, wo ihr Ferien-Zuhause entstehen soll. Die Freunde nicken sich zu und laufen wieder los. Nach und nach schleppen die beiden viele große Äste herbei.
Schnaufend wischt sich Ella den Schweiß von der Stirn. „Ich denke, wir haben genug gesammelt!“
Henri und Ella lehnen die Äste nun gegen den Stamm der Rotbuche und drücken diese dabei so gut es geht, in den Boden. Eine kräftezehrende Angelegenheit.
„Es ist noch zu wackelig!“, ächzt Henri.
Seine Wangen sind gerötet, sein T- Shirt schmutzig. Doch Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. Nach einigem Schieben, Wackeln und Drücken verhaken sich die Äste endlich so ineinander, dass sie sich gegenseitig stützen. Zufrieden lächeln sich die Kinder an. Ihr neues Ferien-Zuhause nimmt Gestalt an.
„So kann es aber nicht bleiben“, findet Ella und beißt sich auf ihre volle Unterlippe. Sie hebt einen Zweig auf, an dem vertrocknete Blätter hängen und steckt ihn zwischen die großen Äste. „Lass uns die Wände noch abdichten!“
Sofort machen sich die Freunde wieder an die Arbeit. Es dauert eine Weile, aber das Abdichten lohnt sich.
Schließlich betrachten die beiden, was sie gemeinsam gebaut haben: Ein echtes Tipi! Ein Ferien-Zelt-Zuhause, das nur ihnen allein gehört. Voller Stolz klatschen sie sich ab.
Dann stützt sich Ella auf Henris Schulter. Damit hat Henri jedoch nicht gerechnet. Seine Knie geben nach, der Junge kracht nach unten und Ella hinterher. Lachend beschließen sie, dass es Zeit für eine Pause sei. Sie wollen in ihrem Tipi picknicken.
Mit knurrenden Mägen schnappen sich Ella und Henri ihre Rucksäcke und stellen sich vor den Tipi- Eingang. Die Kinder nehmen sich feierlich an der Hand und spüren dabei ganz tief in sich: Sie sind beste Freunde!
Mit ihren Köpfen nach unten geduckt betreten sie gemeinsam ihr neues Zuhause. Gemeinsam ducken sie sich und betreten ihr neues Zuhause.
Plötzlich scheinen die Stämme des Tipis für einen Sekundenbruchteil wie magisch aufzuleuchten. Auf Henris Armen breitet sich eine Gänsehaut aus.
„Was war das?“, fragt er erschrocken.
Ella, die wie wachsam stehen geblieben ist, antwortet: „Keine Ahnung! Eine Reflektion?“ Vorsichtig dreht sie sich im Kreis. Alles sieht normal aus. „Ach, wir müssen uns getäuscht haben!“
Obwohl beide das merkwürdige Kribbeln auf der Haut spüren, verscheuchen sie jeden Gedanken an das seltsame Licht. Wer will schon ein Angsthase sein?
Ella und Henri setzen sich auf den Waldboden und packen die Rucksäcke aus. Gierig trinken sie aus ihren Wasserflaschen, als wären sie tagelang durch die Wüste bis zur ersehnten Oase gewandert und futtern in Rekordgeschwindigkeit die von Henri gebackenen Schokodrops-Muffins. Als Nachspeise nascht Ella ihre sauren Fruchtgummistreifen. Schon bei der Vorstellung, einen dieser Streifen essen zu müssen, muss sich Henri schütteln.
Stattdessen kramt er einen Sahnebonbon aus seiner Hosentasche hervor, wickelt das Goldpapier ab und steckt sich den süßen Bonbon genüsslich in den Mund.
Da entdeckt Ella eine Spinne. „Oh, wie süß! Hallo, kleine Zitterspinne!“
Und dann fliegt auch noch ein Schmetterling herein: ein Admiral mit orangefarbenen Flügelrändern.
Das bringt sie auf eine Idee. Das Mädchen holt einen Bleistift und ihren Malblock aus dem Rucksack, legt ihn auf die Oberschenkel und beginnt zu zeichnen. Auf dem Papier entsteht ein Schmetterling. Detailgetreu malt Ella den im Tipi herumflatternden Admiral.
Henri späht – mit sicherem Abstand zur Zitterspinne – über den Zeichenblockrand. „Ist toll geworden!“, sagt er bewundernd.
„Danke! Er ist zwar nur schwarz-weiß, aber er sieht auch so hübsch aus“, findet das Mädchen und spießt die Bleistiftzeichnung auf einen abstehenden, dünnen Ast.
Erst am Abend verlassen Ella und Henri ihr Ferien-Zelt-Zuhause. Henri möchte in seinem Bett übernachten, weil er keinem Gespenst begegnen will. Sicher ist sicher. Ella will auch in ihr Bett, weil ihre Mutter heute ausnahmsweise keine Spätschicht hat und ihr daher bestimmt eine Gutenachtgeschichte vorlesen wird. Und vermutlich würden sich ihre Eltern sowieso quer stellen.
Doch sofort nach dem Aufwachen wollen sich die besten Freunde wieder am Tipi treffen.