Der Zauberstab

Tanja und Anu sind Freundinnen. Richtig dicke Super-Freundinnen. Jeden Tag spielen sie miteinander im Kindergarten. Sie lieben es, gemeinsam zu malen, zu lachen und zu singen.

Heute hat Maria, ihre Erzieherin, eine Überraschung mitgebracht. Sie stellt eine große Kiste mit Kostümen in die Kuschelecke. Jubelnd stürzen sich die Kinder darauf.

„Als was wollen wir uns verkleiden?“, fragt Anu ihre Freundin. Die Mädchen können sich gar nicht entscheiden.

„Wie wäre es mit Feuerwehrfrau“, sagt Tanja.

„Oder Astronaut“, schlägt Anu vor.

Da entdecken die beiden einen Zauberstab.

„Ich bin eine Zauberin“, ruft Tanja und hält den Stab in die Höhe.

Anu möchte auch eine Zauberin sein. Gemeinsam suchen sie nach einem zweiten Stab. Sie wühlen, stöbern und kramen in der Kiste. Nichts zu finden. „Ich bin die Zauberin. Du kannst ja Prinzessin sein,“ erklärt Anu und greift sich den Zauberstab.

„Das ist meiner. Ich habe ihn zuerst gesehen“, ruft Tanja.
Die Mädchen zerren an dem Stab. Keine von beiden möchte nachgeben. Da zieht Anu mit ganzer Kraft und reißt ihn an sich.

Tanja weint. „Dann behalte doch den blöden Stab! Mit dir spiele ich nie wieder!“, schreit sie und läuft davon.
Anu setzt sich in die Kuschelecke und betrachtet den Zauberstab. Sie schwingt ihn hin und her. Aber so richtig freuen kann sie sich nicht. Alleine spielen macht einfach keinen Spaß. Sie schaut zu Tanja. Ganz allein sitzt sie am Tisch und blättert traurig in einem Buch.

Anu legt den Zauberstab zur Seite und drückt ein Kissen darauf. Sie möchte das blöde Ding nicht mehr sehen. Oder sollte sie ihn doch ihrer Freundin überlassen? Aber da hat sie eine viel bessere Idee. Sie läuft zu Maria und bittet um Hilfe. Gemeinsam durchsuchen sie den Bastelschrank. Sie nehmen zwei Holzstäbe, Farbe, bunte Bänder, Perlen und Glitzer mit zu Marias Tisch. Anu malt einen Stab gelb an und den anderen grün. Das ist Tanjas Lieblingsfarbe. Dann fädelt sie bunte Perlen auf die Bänder. Die Erzieherin bindet daraus zwei schöne Schleifen und klebt sie an die Stäbe. Zum Schluss kommt noch etwas Glitzer darauf.

„Die sind sehr schön geworden. Da hattest du eine tolle Idee“, lobt Maria.

Anu versteckt die Stäbe hinter ihrem Rücken. Ganz langsam nähert die sich ihrer Freundin. Was soll sie nur sagen? Sie tippt ihr auf die Schulter. „Entschuldigung!“, ist alles, was ihr einfällt. Sie streckt Tanja die beiden Zauberstäbe entgegen. Tanja lächelt, springt auf und drückt Anu fest an sich. Hand in Hand hüpfen sie zur Kuschelecke und machen es sich auf den Kissen gemütlich. Abwechselnd schwingen sie die Zauberstäbe. Sie sind froh, endlich wieder gemeinsam zu lachen. Kein Zauber und kein Streit kann ihre Freundschaft beenden.