Die fliegende Prinzessin | Seite 1/3
Es war einmal eine Prinzessin, die lebte mit ihrem Hund Merlin in einem wunderschönen Schloss im Märchenland. Prinzessin Antonia wachte jeden Morgen voller Tatendrang auf, sobald die ersten Sonnenstrahlen sie wach kitzelten. Sie und Merlin sprangen dann aus ihrem Himmelbett und liefen schnurstracks hinunter in die Küche. So geschah es auch an diesem Tag.
„Guten Morgen, Ernesto“, sagte sie und setzte sich mit knurrendem Magen an den großen Tisch.
„Guten Morgen, Prinzessin Antonia“, sagte Ernesto der Koch und stellte lächelnd zwei Teller mit Spiegeleiern vor sie hin – einen für die kleine Prinzessin und einen für Merlin. Im Handumdrehen hatten beide ihr Frühstück vertilgt, steckten noch ein paar Würstchen für unterwegs ein und machten sich auf den Weg zu ihrem Flugzeug.
Prinzessin Antonia nahm ihre Aufgabe, für alle Wesen des Königreichs zu sorgen, sehr ernst. Damit sie sich besser um sie kümmern konnte, besaß sie ein Propellerflugzeug. Mit diesem flog sie jeden Tag durch ihr Königreich, um allen zu helfen, die Hilfe benötigten.
Die Prinzessin setzte ihren Helm auf und streifte Merlin dann seine Fliegerbrille über den Kopf. Er wackelte mit den Ohren, um zu prüfen, ob sie richtig saß. Dann stiegen beide ein und flogen los.
Die Propeller drehten sich im Wind und hoben sie hoch bis über die höchsten Türme des Schlosses, sodass sie bis zum Horizont sehen konnten.
„Wo helfen wir heute, Merlin?“, rief Antonia über den Motorenlärm, und der Hund deutete mit der Pfote nach Osten. Die Prinzessin nickte zustimmend und lenkte die kleine Propellermaschine dorthin. Ihre langen Haare flatterten dabei im Wind.
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Weit unter ihnen befand sich das Königreich. Wie schön hier alles war. Antonia wurde ganz warm ums Herz.
Da trug ein Windstoß plötzlich ein Wimmern an ihr Ohr. „Hast du das gehört?“, fragte sie Merlin.
Er bellte zustimmend und deutete auf den Waldboden unter ihnen.
„Du hast recht. Ich glaube, da braucht jemand unsere Hilfe.“ Prinzessin Antonia landete ihr Flugzeug auf dem weichen Moos. Sie stellte den Motor ab und das Schluchzen wurde immer lauter.
„Hier entlang“, rief sie und Merlin folgte ihr dicht auf den Fersen.
Auf einem umgestürzten Baumstamm unter einer alten Eiche saß ein kleiner Drache und weinte dicke Kullertränen. Besorgt kniete sich die Prinzessin vor ihm hin.
„Kleiner Drache, du musst nicht mehr weinen“, sagte sie mitfühlend. „Merlin und ich sind gekommen, um dir zu helfen.“
Der kleine Drache sah sie mit großen Augen an, als Merlin um ihn herum schnüffelte und ihm tröstend die Krallen leckte. „Was ist passiert?“, fragte Prinzessin Antonia. Traurig schniefte der Drache und etwas Rauch stieg aus seinen Nasenlöchern.
„Ein Adler hat mich aus meinem Nest geraubt, um mich zu fressen“, sagte er. „Aber ich habe mich gewehrt und ihm die Füße verbrannt.“
Jetzt konnte Antonia ein bisschen Stolz in seiner Stimme hören.
„Und dann hat er mich hier fallen lassen. Aber ich weiß nicht, wie ich wieder nach Hause zu meiner Mama kommen soll“, erzählte der kleine Drache weiter.
Mitfühlend strich ihm die Prinzessin über den kleinen Drachenkopf. Seine grünen Schuppen fühlten sich ganz weich an unter ihren Fingern.
„Kannst du nicht einfach fliegen?“, fragte sie. „Alle Drachen können doch fliegen, oder?“
„Aber ich bin noch zu klein“, sagte der Drache und zeigte ihr seine Stummelflügelchen. „Ich muss erst noch wachsen, sagt meine Mama.“
Merlin stupste die Prinzessin mit seiner Nase an und bellte auffordernd.
„Du hast recht, Merlin“, sagte sie. „Wir müssen ihn mitnehmen.“
„Oh, das wäre schön“, sagte der kleine Drache. „Und habt ihr vielleicht etwas zu essen dabei? Ich habe nämlich ziemlichen Hunger.“
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Merlin holte schnell die Würstchen aus dem Rucksack, die der kleine Drache mit einem Happs verschlang. Dann hob die Prinzessin den Drachen in ihr Propellerflugzeug und flog los. Es ging hoch über die Baumwipfel und bis in die höchsten Berge des Geheimnisvollen Gebirges, in dem die Drachen wohnten.
Schon bald sahen sie ein gewaltiges Nest oben auf der höchsten Felsnadel. Als sie sich näherten, beugte sich ein riesiger Kopf zu ihnen herunter.
„Wer seid ihr? Was wollt ihr?“, grummelte der Drache und funkelte sie aus seinen tellergroßen Drachenaugen an. Merlin bellte erschrocken, aber Antonia hatte keine Angst. Sie landete ihr Flugzeug auf dem riesigen Drachennest. „Liebe Drachenmama, wir bringen dir deinen Sohn zurück“, sagte sie und deutete auf den kleinen Kerl auf dem Rücksitz. Da verzog sich der riesige Mund der Drachenmama zu einem breiten Lächeln.
„Mein Liebling!“, rief sie, und der kleine Drache jubelte und fiel fast aus dem Flugzeug bei dem Versuch, so schnell wie möglich zu ihr zu kommen. Sie drückte ihn fest an sich. „Ich bin so froh, dass du wieder da bist“, sagte sie. „Ich dachte schon, ich hätte dich verloren, als der böse Adler dich mitgenommen hat. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“ Die Drachenmutter drehte sich zu der Prinzessin um. Ihre großen Zähne glitzerten in der Sonne.
Vor Schreck versteckte sich Merlin zwischen den Beinen der Prinzessin, aber Antonia wusste, dass sie sich vor ihr nicht fürchten musste.
„Prinzessin Antonia, ich danke dir“, sagte die Drachenmutter gerührt. Der kleine Drache riss sich von ihr los und umarmte Antonia mit seinen Stummelärmchen. „Danke, dass du mich gerettet hast!“, rief er. „Und dass ich in deinem Flugzeug mitfliegen durfte. Das war toll!“ Dann stieß er Merlin zum Dank mit seiner Drachennase an.
Die Prinzessin und Merlin stiegen wieder in ihr Flugzeug und hoben ab. Sie winkten den beiden Drachen zu, als sie eine letzte Runde um das Nest drehten.
„Das hat Spaß gemacht“, rief sie Merlin über den Motorenlärm. Er bellte zustimmend.
Dann nahmen sie mit ihrem Propellerflugzeug Kurs auf das Schloss. Von der ganzen Helferei hatten sie Hunger bekommen, aber der kleine Drache hatte all ihren Proviant gefressen. Hoffentlich hatte Ernesto etwas Leckeres zum Abendessen gekocht.
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