Logo vom Kinderbuch "Schnauze voll - Vier Tiere und die Freiheit", ein Vorlesebuch für Kinder ab 6 Jahren über Tiere, Freiheit, Tierschutz und Tierrechte von Lisa Aigelsperger und Zwergenstark

Kapitel 4: Die Straßenhündin

🎯 ab 8 Jahren

🕔 ca. 7 Minuten

📚 aus dem Buch: Schnauze voll – Vier Tiere und die Freiheit

Darum geht's

Endlich frei, finden sich der geniale Affe, der traurige Mondbär und das verängstigte Schwein nicht im Paradies, sondern im ohrenbetäubenden Großstadtdschungel wieder. Eine coole Straßenhündin namens Wau Wow rettet sie vor dem Verkehr und enthüllt die raue Realität der Straße.

Der Affe, der Mondbär und das Schwein landen im Freien, endlich. Aber die Freiheit haben sie sich anders vorgestellt. Es ist heiß, die Luft ist staubig und ohrenbetäubender Straßenlärm lässt die drei Tiere zusammenzucken.  

„Ist das ein Flugzug?“, fragt der Mondbär.

„Nein, das sind Autos, viele, viele Autos!“, ruft der Affe eifrig aus.  

„Attenzione!“ Eine Hündin rennt auf sie zu und treibt sie von der Straße. „Habt ihr sie noch alle? Ihr könnt doch nicht mitten auf einer mehrspurigen Straße abhängen! Ihr wärt beinahe überfahren worden.“ Die Hündin trägt eine Sonnenbrille, abgewetzte Sneakers, eine Halskette und eine Uhr.

Der Affe sieht sich um und wendet sich an seine Reisegefährten: „Wir sind im Freien gelandet. Wir haben es geschafft. Wir sind frei!“ 

Der Affe tritt aus Versehen wieder auf die Straße. Sofort ertönt lautes Gehupe. Kopfschüttelnd zieht ihn die Hündin zurück auf den Gehsteig. 

„Brudi, frei sein ist was anderes, glaub mir. Hier herrscht das Gesetz der Straße.“ Die Straßenhündin führt sie weg von der großen Straße in eine enge Seitengasse, in die kaum Licht fällt. Heiß ist es trotzdem, aber viel leiser. Vor den Häusern stehen Mülltonnen, aus denen der Müll oben wieder hervortritt. Die Müllsäcke sind aufgerissen und zerfetzt. An ihrem Inhalt haben sich schon einige Vögel bedient. Die Hündin mustert die drei: „Wer seid ihr überhaupt?“

Der Affe ergreift, erfreut über das Interesse, sofort das Wort: „Sie wundert sich … sie wundert sich.“ Er macht einen schnellen Schritt auf die Hündin zu und reicht ihr die Hand. „Gib Pfötchen!“ sagt er schließlich, als seine Hand immer noch in der Luft hängt. Er erntet nur einen abschätzigen Blick, was ihn nicht davon abhält, sich endlich vorzustellen: „Ich bin ein schlauer, um nicht zu sagen ein genialer Affe und das ist ein Mondbär, der nicht vom Mond kommt. Und das ist ein armes Schwein, das endlich Glück hat. Nicht wahr? Und wer bist du?“

„Aha.“ Die Straßenhündin mustert ein Tier nach dem anderen. Jetzt hört der Affe deutlich das Ticken der Uhr, die die Hündin trägt, und sein Kopf beginnt zu nicken. Ein innerer Kampf in seinem Helmraum beginnt. Im Labor haben sie ihn trainiert bei jedem Ticken mit dem Kopf zu nicken. Durch das Nicken hat sich ein Affe auf dem Bildschirm steuern lassen. Aber jetzt ist er nicht mehr an Computer angeschlossen. Jetzt ist er selbst der Affe, der sich bewegt, also kein Nicken mehr nötig. “Blödkopf hör auf damit” murmelt er hinter zusammengebissenen Zähnen leise vor sich hin, während die Straßenhündin nun doch bereit ist, sich vorzustellen. 

„OK, dann mal ganz von vorne. Darf ich vorstellen?“, die Hündin schleicht um die Gruppe herum.

„Das sind die Straßen,
die sind dreckig und grau
das sind die Straßen
habt ihr irgendnen Tau
was das heißt? 

Das sind die Straßen,
das Leben hier ist rau.
Darf ich vorstellen
Ich bin Wau Wow.

Kleiner Scherz, her mit den Pfoten,
ich bin die Straßen!
Die Straßen sind mein Zuhaus.
Die Straßen gehören mir.
Keine kennt sich hier besser aus.“

Die drei Reisenden hören erstaunt zu. Es wirkt, als würde der Kopf des Affen zum Rap der Hündin mitnicken. Doch jetzt würde sein merkwürdiges Verhalten bald auffallen. Deswegen versucht er es zu überspielen, indem er beim Sprechen seinem ganzen Körper mehr Bewegung verleiht. Er versucht ein wenig die Haltung der Hündin nachzuahmen: „Sehr erfreut, Straßen … liebe Straßen, liebe Straßenhündin? Also wir sind auf der Durchreise.“ 

Der Bär zieht eine Braue nach oben und das Schwein sieht ihn verwirrt an. Die Straßenhündin scheint von diesem Affentanz weniger irritiert. 

Sie fragt: „Und wo solls hingehen?“

Der Affe schüttelt wieder den Kopf, um das Nicken loszuwerden, aber es klappt nicht. „Wir sind auf dem Weg zum WEG.“

Ein lautes Hupen und quietschende Reifen lassen die Reisenden aufschrecken und der Affe steht wieder still, bis auf den nickenden Kopf.

Der Bär beobachtet den Affen von der Seite, während er in Richtung Hündin spricht: „Dorthin, wo die Sonne scheint. Hier gibt es ja keine Sonne.“ 

„Klar doch! Du siehst sie nur nicht, wegen dem ganzen Smok hier. Über den grauen Schwaden hängt die Sonne,“ stellt die Hündin klar. 

„Wie seid ihr überhaupt hierhergekommen?“, fragt sie. 

Der Affe klatscht in die Hände vor Entzücken über ihre Neugierde. „Willst du es wirklich wissen?“ 

Doch die Hündin entgegnet resigniert, dass sie schon alles weiß und nimmt dem Affen den Wind aus den Segeln. Der Mondbär horcht unterdessen auf und fragt hechelnd: „Dann sag uns, wo ist das WEG?“

Die Straßenhündin wendet sich ab. Das weiß sie nicht. Der Affe erkennt währenddessen, dass er von der Uhr der Hündin weg muss, wenn er nicht wieder zu einem nickenden kläglichen Laboraffen werden will. Das hier ist seine Chance neu anzufangen, als genialer Erfinder. „Vielen Dank! Wir versuchen es weiter. Wir sind sicher schon auf dem halben Weg“, sagt er schließlich, wendet sich ab und deutet seinen Gefährten, sich mit auf den Weg zu machen.

Die Straßenhündin dreht sich zu ihnen um: „Wartet! Wie ist das so, das WEG?“ 

Der Affe will weitergehen. Da hört er das Schwein schon vom WEG schwärmen, dass es dort ist, wo die Sonne scheint und das dort nicht hier ist und … 

„Darf ich mit?“ Die Hündin hat sich spontan entschieden. Vielleicht ist das ihre einzige Chance wegzukommen von den lärmenden und stinkenden Autos, die ihr schon lange das Leben schwer machen.

Der Affe beißt die Zähne zusammen: „Ähm ja, nein, ich meine …“ 

Das Schwein ereifert sich „Wieso denn nicht?“ 

„Aber bitte nimm diese Uhr ab. Sie ist … sie ist so laut. Und dort, wo wir hingehen, wollen wir doch endlich unsere Ruhe haben.“

Und die Straßenhündin kann sich leichter Hand von dieser Uhr trennen: „Die Uhr ist sowieso nicht wichtig. Ich hab sie mal geklaut, aber wer braucht schon ein äußeres Ticken für seinen inneren Takt? Wer ihn hat, der hat den Takt.“

Die Hündin nimmt die Uhr ab und wirft sie in eine schwarze Mülltonne, die an der Straßenecke steht.

Der Affe ist erleichtert, endlich hört sein Kopfnicken auf. Er ruft: „Na, dann los, komm mit uns! Wenn ich dir gleich erzähle, wie wir hier hergekommen sind, wirst du staunen. Es sind Sonnenstrahlen … “

„Umarm uns einfach!“, sagt Der Mondbär schnell. Er will die Erklärungen des Affen abkürzen, ihm ist heiß und die Luft steht.

Die Straßenhündin schmiegt sich an die drei, wedelt mit dem Schwanz und hechelt jetzt auch, allerdings vor Aufregung. 

Der Affe zählt: „Eins, zwo, vier.“

„Fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn“, zählt die Straßenhündin weiter.

Sie fragt nicht wohin. Es ist ihr egal. Hauptsache weg. Und dann sind sie weg.

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SCHNAUZE VOLL – Vier Tiere und die Freiheit

Kinderbuch zum Vorlesen ab 8 Jahren. Mitreißende Geschichte über Tierschutz, Tierwohl, Freiheit & Zusammenhalt.

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