Eurelia und der Umweltschmutz

Martina Türschmann

Auf dem Weg zum Einkaufen tritt Eurelia in eine Glasscherbe und verletzt sich, da sie wie immer barfuß unterwegs ist. Entsorgt denn mittlerweile jeder seinen Müll auf der Straße? Wild entschlossen will sie dieser Umweltverschmutzung den Garaus zu machen. Wie gut, dass sie den einen oder anderen Zauberspruch kennt…

Nach Alter: Ab 3-5 Jahre

Nach Lesedauer: Ca. 20 – 30 Minuten

Eurelia und der Umweltschmutz | Seite 1/6

„Zenturo, das glaubst du nicht“, krakeelte Eurelia in den Flur hinein. Sie zog den Schlüssel aus dem Schloss und knallte die Eingangstür hinter sich zu. „Zenturo?“, rief sie noch einmal laut, doch vom Kater war keine Spur zu sehen.

Typisch, dachte sie. Wenn‘s etwas umsonst gibt, ist er sofort zur Stelle. Aber wenn ich einmal Hilfe brauche, verkriecht er sich in der hintersten Ecke.

Vor Schmerzen verzog sie das Gesicht und humpelte in die Küche. Den noch leeren Einkaufskorb stellte sie auf den Tisch. Dann ließ sie sich ächzend auf die Ofenbank plumpsen. Ihr Fuß tat höllisch weh. Vorsichtig zog sie ihn auf ihr Knie und versuchte so, einen Blick auf die Fußsohle zu werfen. Eine Schnittwunde zog sich quer über die Haut.

„Kann man heutzutage nicht mal mehr barfuß laufen?“, knurrte sie und zupfte sich eine kleine Scherbe aus der Wunde. Leise sog sie dabei die Luft ein. Dann zog sie ein benutztes Taschentuch aus dem Rock, spuckte darauf und tupfte die Stelle vorsichtig ab.

In dem Moment stolzierte Zenturo in den Raum, hockte sich ihr gegenüber auf den Boden und sah zu ihr auf. „Was schreist du denn so? Ist etwas mit deinem Fuß?“, fragte er. Mit gleichgültiger Miene hob er eine Pfote und leckte sie sorgfältig ab.

„Nach was sieht’s denn aus?“, blaffte Eurelia ihn an.

„Du bist verletzt“, stellte er unbeeindruckt fest.

„Was du nicht sagst“, entgegnete sie und rollte mit den Augen.

Der Kater wechselte die Pfote und fuhr mit seiner Hygiene fort. „Habe ich dir nicht gesagt, du sollst Schuhe anziehen?“, stichelte er.

„Klugscheißer mag man nicht, das weißt du doch“, knurrte sie.

Behutsam versuchte Eurelia nun, den Fuß mit der Ferse auf dem Boden aufzusetzen. Gleich darauf erhob sie sich und hinkte zum Küchenschrank.

„Wie ist das denn passiert?“, fragte er.

„Ich bin in eine Glasscherbe gelatscht“, brummte sie abwesend. „Irgend so ein Blödian hat eine Flasche achtlos auf den Gehweg geschmissen. Bei der Menge an Scherben, die da herumliegen, flog sie wahrscheinlich aus einem fahrenden Auto“, fauchte sie.

„Tut‘s weh?“, fragte Zenturo nach einer Weile.

„Klar tut‘s weh“, knurrte sie, öffnete eine Lade und kramte darin herum. Schließlich fand sie, was sie suchte, und hinkte mit einer kleinen Schachtel in der Hand wieder zurück. Sie setzte sich und zog den Fuß erneut auf ihr Knie.

Mit einem eleganten Satz sprang Zenturo zu ihr und beugte sich über die Wunde. „Das sieht gar nicht gut aus“, stellte er fest. Dann begann er damit, ihr den Fuß abzuschlecken.
„Lass das, das kitzelt“, bat Eurelia und unterdrückte ein Kichern.

„Und tut weh“, fauchte sie noch und schob den Katerkopf zur Seite. Nun öffnete sie die Schachtel und entnahm ihr eine Mullbinde und Pflaster. Umständlich verarztete sie sich.

Zenturo rollte sich neben ihr zusammen. „Vielleicht hörst du das nächste Mal auf mich“, schlug er vor. „Dann passiert dir das nicht.“
„Du weißt doch, wie gerne ich barfuß laufe! Es ist Sommer und so ein schöner Tag. Ich will die Erde unter den Füßen spüren, das Gras zwischen den Zehen“, zählte sie auf.

„Auf dem Weg zum Supermarkt wächst kein Gras“, maunzte er. „Und was dabei herauskommt, hast du gemerkt.“ Der Kater gähnte ausgiebig und schloss die Augen.

„Papperlapups! Ich muss schon sehr bitten. Es wird doch möglich sein, barfuß das Haus zu verlassen, ohne sich gleich zu verletzen“, sagte sie.

„Warum hast du dir eigentlich Pflaster zugelegt? Du bist eine Hexe“, wunderte sich Zenturo. „Zauber dir den Schnitt doch einfach weg.“ Kurz schielte er zu ihr hoch.

„Solche Verletzungen kann man nicht weghexen. Das weißt du doch“, entgegnete sie barsch und hob suchend den Kopf. „Wo ist mein Zusammenflicktrank?“

Eurelia warf einen Blick auf ihr Hängebord. Sauber aufgereiht stand dort eine Ansammlung an bunten Fläschchen. „Ah, da ist er ja“, freute sie sich. Auf einem Bein hüpfte sie die zwei Schritte, griff nach oben und schnappte sich einen blauen Flacon. Doch der Inhalt war fast verbraucht. „So ein Mist“, knurrte sie. „Von dem ist ja nicht mehr viel da.“ Sie seufzte und zog einen Flunsch. Es würde eine Weile dauern, bis sie Nachschub gebraut hatte.

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In dem Moment huschte ihr der Funken einer Idee durch den Kopf. Sie starrte ins Leere, grinste bis über beide Ohren. Genau! Das würde sie jetzt machen. Und der Kater musste mit. Sofort fühlte sie sich besser. Die Verletzung tat auch gar nicht mehr so weh.

„Zenturo, weißt du was? Hiermit ist die Wunde zwar in Null- Komma-Nix verheilt, aber die Leute sollen sehen, dass ich mich an den Scherben verletzt habe.“ Sie hielt ihm das Fläschchen hin. „Den Trank kann ich mir heute Abend immer noch brauen. Jetzt gehen wir spazieren. Und du kommst mit.“

Völlig entgeistert schaute Zenturo sie an. „So? Mit dem Fuß? Du passt in keinen Schuh mehr“, stellte er verblüfft fest und deutete mit der Pfote auf ihren dicken Verband. „Wo willst du denn damit hin?“

„Müll sammeln“, knurrte Eurelia nur, schnappte sich einen Beutel, der unter der Ofenbank knautschte, und trieb den Kater an: „Los, hoch mit dir.“

„Und der Einkauf?“, fragte er. „Du hast doch noch gar kein Futter für mich besorgt.“

„Das kann warten. Es gibt Wichtigeres. Komm schon“, forderte sie
ihn auf. „Kannst ja zur Abwechslung mal Mäuse jagen.“

Der Kater sprang von der Ofenbank. „Und deine Schmerzen? Laufen
kannst du auch kaum. Den Fuß solltest du schonen, bis du dir den
Trank gebraut hast“, riet er.

„Es tut schon gar nicht mehr so weh. Los jetzt“, drängelte sie und
schob ihn in den Flur.

„Und was soll ich dabei? Ich kann dir doch gar nicht helfen“, fauchte
er, wich ihr aus und zeigte seine Krallen.

„Stimmt, das kannst du nicht“, entgegnete Eurelia. „Aber es ist eindrucksvoller,
wenn du neben mir herschleichst. Es ist unglaublich, wo die Menschen überall ihren Dreck hinschmeißen. Die sollen ihr Zeug gefälligst richtig entsorgen. Die Natur ist doch keine Abfalltonne“, schimpfte sie. „Außerdem will ich, dass alle sehen, wie wir uns über den Müll ärgern – und dass ich mich daran verletzt habe“, fügte sie hinzu und deutete auf ihren dick eingebundenen Fuß.

„Nichts für ungut, aber du hast auch schon mal etwas achtlos in die Landschaft geworfen“, wandte er ein.

„Aber doch nur aus Versehen“, stimmte sie zögernd zu. „Es passiert schon mal, dass einem etwas aus der Tasche rutscht. Ist doch nicht absichtlich“, brauste sie auf.

„Als ob das irgendwen interessiert, was wir machen“, motzte der Kater weiter, ergab sich aber seinem Schicksal und folgte ihr auf die Straße hinaus. „Wenn ich einen Wunsch äußern darf, lass uns beim Sportplatz anfangen. Dort, wo das Waldstück beginnt, liegen ganz viele Zigarettenkippen herum. Das stinkt fürchterlich“, bat er. „Ich mag schon gar nicht mehr daran vorbeigehen.“

In dem Moment sah Eurelia ein Kaugummipapier vor sich auf dem Weg, hob es auf und hielt es dem Kater hin. „Nein, da sieht uns doch keiner. Wir gehen schön die Straße entlang“, widersprach sie und steckte es in den Beutel.

Dann schlug sie den Weg zum Supermarkt ein. Im Verborgenen Müll sammeln, das bringt doch gar nichts, dachte sie. Die Leute müssen mitkriegen, was wir tun. Sie bückte sich erneut und angelte eine Plastikflasche aus dem Rinnstein.

Auf diese Weise kamen sie nur langsam voran. In einem fort ging Eurelia in die Knie, sammelte leere Dosen und Flaschen, allerlei Papierabfall und Kippen und ließ alles in den Beutel wandern. Mit jedem Mal ärgerte sie sich mehr über die Ignoranz der Menschen. Sie verstand einfach nicht, wie diese Schmutzfüße ihren Müll auf der Straße entsorgen konnten. Kam ihnen nicht in den Sinn, dass sich das nicht gehörte?

Zwischen zwei parkenden Autos zog sie die leere Verpackung einer Frisbeescheibe hervor. Wohin jetzt damit?, fragte sie sich. Vorerst legte sie den Fund zurück und nahm sich vor, ihn auf dem Rückweg mitzunehmen. Die ganze Zeit schlich Zenturo geduckt neben ihr her. Eurelia kicherte in sich hinein. Prima macht er das, freute sie sich. Sie kamen zu der Stelle, wo sie sich verletzt hatte. Die Scherben lagen immer noch da. Ächzend hockte sich Eurelia hin und klaubte sie vorsichtig mit den Fingerspitzen auf.

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In dem Moment fuhr ein Fahrradfahrer langsam an ihr vorbei. Sie sah auf, schoss in die Höhe und zeigte mit dem Finger auf die Glassplitter. „Siehst du das?“, krakeelte sie ihm hinterher.

Der Radler hörte auf zu treten und drehte sich zu ihr um. Kurz darauf schaute er wieder nach vorne und sah zu, dass er fortkam. „Der hat doch gar nichts weggeschmissen“, maunzte Zenturo und sah dem armen Kerl nach.

„Vielleicht nicht gerade jetzt, aber bestimmt wann anders“, brummte sie selbstgerecht und widmete sich wieder ihrer Aufgabe. Der Beutel war nun fast voll. „Wo willst du eigentlich mit dem ganzen Zeug hin? Unsere Tonne ist viel zu klein. Das bringst du nie unter?“, knurrte der Kater. „Interesse erregst du auch nicht gerade“, stellte er noch fest.

„Du hast recht“, stimmte Eurelia ihm leise zu. „Wir machen hier zwar sauber, aber im Grunde kümmert das keinen.“ Traurig schaute sie sich um. Die wenigen Menschen, die sich auf der Straße aufhielten, warfen ihr nur komische Blicke zu.

In einiger Entfernung entdeckte sie noch eine Getränkedose. Mit schnellen Schritten war sie bei ihr, hob sie auf und zögerte. Zenturo hatte recht. Wozu das alles? „Aber wir können den Müll doch nicht einfach so liegen lassen“, klagte sie und packte die Dose ein. Ein Seufzer entfuhr ihrer Brust. „Na gut, lass uns nach Hause gehen. Nach und nach werden wir das hier schon unterbringen.“

Im selben Moment fuhr ein Auto an ihnen vorbei.

Aus den Augenwinkeln bekam sie gerade noch mit, dass eine Getränkedose scheppernd auf dem Gehweg landete.

„Eh, du Blöd-Platschbirne! Da habe ich gerade sauber gemacht“, schrie sie dem Fahrer hinterher.

Gleich darauf raste der nächste Wagen hupend an ihr vorbei.

Das ist der Gipfel, dachte sie und platzte fast vor Wut. „Ihr sollt auf den Müll aufmerksam werden und euch nicht über mich lustig machen“, brüllte sie die Straße entlang.

Nun suchten die Menschen in ihrer Nähe schleunigst das Weite. Bald war Eurelia mit dem Kater alleine. Ab und zu fuhr nur noch ein Auto vorbei.

„Das war’s also“, brummte sie. Entmutigt machte sie kehrt und schlug den Rückweg ein. Die Verpackung der Frisbeescheibe lag immer noch dort. Traurig zog sie sie zwischen den Autos hervor.

Von Neuem kroch die Wut in ihr hoch. Voller Zorn starrte sie auf den aufgerissenen Karton. „Na schön, du hast es nicht anders gewollt.“

Eurelia ließ den Müllbeutel auf den Gehweg plumpsen und richtete ihre gekrümmten Finger auf die Verpackung. Der Zauberspruch fiel ihr leicht:

„Mir reicht’s mit dieser Wegwerfsitte, hab jetzt nur noch eine Bitte: Flieg dorthin, wo er zu Hause, jener kleine Müllbanause. Wart‘, bis er nach draußen geht, die Scheibe sich zum Spaße dreht. Frisbee soll Gesellschaft kriegen, habt zusammen Spaß am Fliegen, sause dann dem dreisten Tropf ohne Pause um den Kopf“, hexte sie voller Schadenfreude.

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Nun erzitterte der Karton, kreiste ein paarmal um die eigene Achse und wirbelte durch die Luft davon. Ein breites Grinsen huschte über ihr Gesicht. Zufrieden schnappte sie sich nun den Beutel mit dem ganzen Müll und packte ihn mit beiden Händen an.

„Eurelia?“, maunzte Zenturo zu ihren Fü.en und schielte zu ihr hoch. „Du kannst dem armen Kerl doch nicht auf immer und ewig einen Karton um die Ohren fliegen lassen“, gab er zu bedenken.

„Doch, kann ich schon“, entgegnete sie. „Außerdem muss er ihn sich nur schnappen und ordentlich entsorgen. Und schwupp ist der Zauber vorbei.“ Dann zuckte sie mit den Achseln und fügte noch hinzu: „Vielleicht ist es ja auch eine Sie.“

„Na, du hast Nerven“, maunzte Zenturo.

„Jawohl, die habe ich – und ich bin noch nicht fertig. Wir werden diese Kleingeister jetzt alle zum Nachdenken bringen“, teilte sie ihm mit. „Wir müssen sie nur mit der Nase darauf stoßen. Pass auf.“ Kurzerhand kippte sie den ganzen Abfall zurück auf den Gehweg.

Zenturo riss die Augen auf. „Was machst du denn da?“, fauchte er.

„Unsere Arbeit war jetzt völlig umsonst.“

„Nee, nee“, brummte Eurelia nur und kümmerte sich nicht weiter um ihn. Aufmerksam studierte sie den Haufen zu ihren Füßen. Schließlich murmelte sie: „Zuerst die Kippen.“

Langsam hob sie die Hand und ließ sie über dem Müll schweben. Dann schloss sie die Augen, konzentrierte sich und sprach:

„Nun zu euch, ihr Stinkestumpen,
die den Rauch durch Lungen pumpen.
Erst zum Einen, dann zum Andern,
werdet ihr in Gruppe wandern.
Lästig um die Nasen kreisen,
schön den Weg zur Tonne weisen.
Wenn er dann den Dreck entsorgt,
fliegt ihr gleich zum nächsten Ort.“

Kaum war das letzte Wort verklungen, schälten sich die Kippen aus dem Müllberg und machten sich auf den Weg. Sie sah ihnen hinterher. Dann lachte sie laut auf.

Der Stumpentrupp zog doch tatsächlich noch ein Paar Stummel mit sich, die sie beim Sammeln übersehen hatte. Sie reihten sich ein und flogen mit. Eurelia war sehr zufrieden mit sich und nahm sich nun die Getränkedosen vor.

„Und nun zu euch, ihr Blechkumpanen,
könnt es sicher schon erahnen.
Hüpft hinfort zu jenem Scheusal,
das nach seiner Plörre-Labsal
der Natur den Müll aufzwingt,
sich um Ehr’ und Ansehen bringt.
Steppt ihm solang um die Füße,
bis verstanden sind die Grüße“,

sprach sie in leisem Singsang. Vergnügt sah sie nun zu, wie die Blechdosen aus dem Haufen hüpften und den Gehweg entlang tanzten.

Mit einiger Verzögerung hinkte eine platt gedrückte Dose hinterher.

„Hier muss noch ein Stock herbei,
als Hilfe für die Eierei“,

fügte sie schnell hinzu.

Kaum waren die Worte über ihre Lippen, kam der Hinkedose eine kleine Krücke zu Hilfe, auf die sie sich stützte. Sie hatte zwar immer noch ihre Mühe, der Gruppe hinterherzulaufen, kam aber wesentlich besser voran.

Auf diese Weise entsorgte Eurelia auch den Papiermüll und die ganzen Flaschen, die sie gesammelt hatte.

Bald war von dem Haufen nichts mehr übrig. Selbst die Scherben schickte sie zum Verursacher zurück, damit sie sich ihm in den Weg legten. Und zwar solange, bis er sie aufsammelte und ordentlich entsorgte.

Zufrieden mit sich schaute sie sich um, doch keine Menschenseele hielt sich mehr auf der Straße auf. Schade eigentlich, dachte sie, aber vermutlich war es besser so. Es durfte im Grunde ja niemand wissen, dass sie eine Hexe war.

„Blöd nur, dass du keine Gewissheit hast, dass dein Zauber funktioniert“, gab Zenturo zu bedenken.

Doch daran hegte sie nicht den leisesten Zweifel. „Logisch klappt meine Magie, was denkst du denn?“, gab sie nur zurück und verdrehte die Augen.

Auch wenn die Menschen sie für ein verrücktes Huhn hielten. Sollten sie doch. Ihr inneres Wohlbefinden hatte sie wieder. „Und jetzt ab nach Hause“, murmelte sie. „Es wird Zeit, sich um den Fuß zu kümmern.“

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Mit Zenturo im Schlepptau trat sie den Rückweg an.

Noch am selben Abend braute Eurelia den Zusammenflicktrank. Er musste nur noch über Nacht ziehen, um seine volle Wirksamkeit zu entfalten.

Gleich nach dem Auftragen am nächsten Morgen spürte sie nichts mehr von der Wunde. Durch den Zauber war sie in kürzester Zeit verheilt.

Die nächsten Tage verbrachte sie damit, ihre Zaubertränke zu inspizieren. Einen Flacon nach dem anderen nahm sie sich vor, braute die Tinkturen und füllte sie auf. Dabei zischte und qualmte es in der kleinen Küche. Sie verließ sie jetzt nur noch, um mal für kurze Zeit dem Gestank zu entgehen und zu lüften.

Schließlich war Eurelia mit der Arbeit fertig. Zufrieden riss sie alle Fenster auf, sorgte für Durchzug und ließ frische Luft herein. Anschließend machte sie gründlich sauber.

Danach sehnte sie sich nach einem Spaziergang. Zenturo hatte sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Der Kater hatte sich verzogen und war dem Mief entflohen. Eurelia beschloss, ihn zu suchen. Bei dem schönen Wetter war ihr das gerade Recht.

Sie war noch keine zehn Schritte die Straße hinunter gegangen, als ihr ein Nachbar auffiel, der beim Gehen konzentriert auf seine Füße starrte. Verwundert blieb sie stehen. Es sah aus, als hätte er etwas verloren. Nun bückte er sich, hob es auf, um gleich darauf erneut in die Knie zu gehen. Hielt er eine leere Plastikflasche in der Hand? Eurelia traute ihren Augen kaum. Jetzt hob er sie auf und steckte beides in einen Beutel.

Was macht der denn da?, fragte sie sich und warf einen Blick in die Runde. Erstaunt stellte sie fest, dass er nicht der Einzige war, der Müll von der Straße aufsammelte. Die ganze Siedlung schien auf den Beinen zu sein und säuberte die Gegend.

Verwirrt kratze sie sich an ihrer Hakennase. Hatte sie mit ihrem Einsatz doch etwas bewirkt? Sammelten die Menschen jetzt den Dreck von der Straße, weil sie es ihnen vorgemacht hatte? Für einen Moment triumphierte sie und grinste breit. Dann fielen ihr die Blicke wieder ein, die man ihr beim Müllsammeln zugeworfen hatte. Blicke, die weniger an dem interessiert waren, was sie tat, als vielmehr an dem, was die Leute in ihr sahen: Eine verrückte Frau in bunten Kleidern, die mit ihrem schwarzen Kater am Rande des Ortes lebte und manchmal komische Sachen machte. Schließlich sah man nicht jeden Tag eine Person auf der Straße, die sich um den Müll der anderen kümmerte. Nein, in der Zwischenzeit musste noch etwas passiert sein. Aber was?

Da half nur eins, eine Zeitung musste her. Gleich darauf besorgte sie sich eine und eilte auf direktem Weg wieder nach Hause. Zenturo würde sicher von alleine den Heimweg finden.

Kurze Zeit später saß sie in ihrem Garten und warf einen Blick auf die erste Seite. Eine Schlagzeile fiel ihr auf: „Unbekannte Flugobjekte treiben Mitbürger in den Wahnsinn“, las sie laut.

Ein Glucksen entfuhr ihrer Kehle. Das musste die Nachricht sein, nach der sie suchte. Doch bevor sie sich dem Artikel widmen konnte, stolzierte der Kater auf sie zu. „Über was amüsierst du dich denn so?“, fragte er und sprang zu ihr auf die Bank. „Steht etwas Lustiges in der Zeitung?“

„Hab’ doch gerade erst angefangen zu lesen“, brummte Eurelia und warf ihm einen triumphierenden Blick zu. „Mein Zauber scheint gelungen zu sein. Im Landkreis sind unbekannte Flugobjekte gesichtet worden, die sich keiner erklären kann“, berichtete sie und fing an, zu kichern.

„Wie lustig“, maunzte der Kater spöttisch. „Du weißt schon, dass das nicht zu dir zurückverfolgt werden darf.“

„Ach was, uns hat doch keiner gesehen“, winkte sie ab. „Es war niemand mehr auf der Straße, als ich gehext habe.“

Schnell überflog sie den Artikel. Zum Glück fand sie nicht ein Wort über sich und ihre Zauberkünste.

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Auch hatten die meisten Betroffenen den Müll wohl entsorgt, dem Spuk somit ein Ende bereitet. Niemand hatte sich gemeldet. Es stand nichts über sie in der Zeitung.

Gut so, dachte Eurelia. Die sollen sich nur schämen und es in Zukunft besser machen. Dann las sie weiter und stutzte. Hatte sie gerade richtig gelesen? Beunruhigt nahm sie sich den letzten Absatz noch einmal vor.

„Ja und? Was? Lies mal laut, damit ich auch etwas mitbekomme“, maunzte Zenturo sie an.

Doch sie ignorierte ihn und spürte, wie die Hitze in ihr hochstieg. Ganz still saß sie unter dem Apfelbaum und starrte ins Leere. Das hatte sie nicht gewollt.

Mit einem Satz ließ der Kater seine Vorderpfoten in ihren Schoss plumpsen und zerknautschte die Zeitung. Langsam schob sich sein Kopf in ihr Gesichtsfeld. Ihre Blicke trafen sich.

Schuldbewusst verzog sie das Gesicht. „Da habe ich wohl doch ein wenig übertrieben“, druckste sie herum.

„Und das heißt?“, fragte er nur.

„Na ja, ein paar der Umweltsünder haben sich selbst ins Krankenhaus eingeliefert“, erzählte sie endlich. „Einer behauptet, dass ihm tanzende Getränkedosen nach dem Leben trachten“, fuhr sie fort. „Er kann sich nur noch hüpfend fortbewegen und keine fünf Sekunden mehr auf der Stelle stehen.“

„Und die anderen?“, fragte Zenturo.

„Die klagen über ähnliche Symptome. Manche schreien sogar die Luft an und können ihre Hände nicht mehr stillhalten. Um ihre Köpfe schwirren Zigarettenstummel, sagen sie. Nur dass niemand außer ihnen sie sehen kann. Die Ärzte stehen vor einem Rätsel. Die Polizei bittet jetzt die Bevölkerung um Hilfe. Wir sollen den Müll von der Straße sammeln, bis sie wissen, was los ist. Es sollen nicht noch mehr Menschen verrückt werden.“

„Mit der Zeit werden die sich schon wieder beruhigen“, versuchte Zenturo, sie zu trösten. „Deine Aktion war jedenfalls nicht umsonst“, schnurrte er wohlwollend und ließ sich von ihr hinterm Ohr
kraulen. Dann rollte er sich zusammen und machte es sich auf der Bank gemütlich.

„Du hast Recht“, brummte sie. „Und weißt du was? Wir gehen jetzt auch wieder sammeln.“ Mit diesen Worten erhob sie sich und eilte

ins Haus, um einen Beutel zu holen. Sie war sehr stolz auf sich. Aber nicht nur das. Das Müllsammeln machte ihr Spaß.

Widerwillig folgte Zenturo ihr auf die Straße. Es ging auf den Abend zu. Nur noch wenige Menschen waren auf den Beinen. Nach und nach füllte sich der Beutel.

Eurelia wollte gerade ein Kaugummipapier aufsammeln, als ein Auto dicht an ihnen vorbeischoss. Sie hörte es scheppern. Gleich darauf rollte ihr eine leere Getränkedose vor die Fü.e. Wie versteinert schaute sie dem Fahrer hinterher. Sie spürte den altbekannten Zorn in sich aufsteigen. Na warte, dachte sie, dir werd ich‘s zeigen.

Ohne sich die Mühe zu machen, den Beutel auszuleeren, hielt sie ihre gekrümmten Finger darüber.

Dann murmelte sie den Zauberspruch. Eine Dose nach der anderen schälte sich aus dem Müll. Gleich darauf hüpften sie allesamt die Straße entlang und machten sich auf den Weg.

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