Der König der Weihnachtsbäume
Mandy Schlesinger
Tina und ihr Papa sind auf der Suche nach einem Weihnachtsbaum. Für Tina ist es ganz klar: “Der muss es sein! Das ist der König der Weihnachtsbäume.” Doch ihr Papa ist sich bei dieser Wahl etwas unsicher…
Nach Alter: 5-8 Jahre
Nach Lesedauer: Ca. 5 Minuten
Der König der Weihnachtsbäume | Seite 1/2
„Guck mal, Papa. So viele Weihnachtsbäume.“
Schlagartig blieb Tina vor ihm stehen. Beinahe hätte er sie umgerannt. Mit einem Lächeln schaute er zu seiner Tochter, die sich mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund umblickte. Er kniete sich nieder und nahm sie in den Arm. Gemeinsam betrachteten sie das Meer aus Tannenbäumen. Sie genossen die besinnliche Weihnachtsmusik und die Lichter, die sie wie funkelnde Sterne umgaben. Feine, weiße Schneeflocken wirbelten um ihre Nasen. Für einen Moment gab es nur sie beide.
Plötzlich traf sie ein Stoß und die zwei fielen zu Boden. „Entschuldigung!“, hörten sie einen Mann rufen, der eilig in der Menge verschwand. Der Vater rappelte sich auf und half dem Mädchen auf die Beine.
Da waren sie wieder, inmitten der alljährlichen Hektik. Um sie herum wuselten Menschen im Eilschritt, die letzte Vorbereitungen für den Heiligen Abend trafen. „Wir sollten uns ranhalten, wenn noch einen schönen Baum ergattern wollen“, sagte Papa. Er nahm ihre Hand, um sie in dem Gedränge nicht zu verlieren, und zog sie zum Stand mit den Weihnachtsbäumen. Gemeinsam betrachteten sie einen Baum nach dem anderen.
„Wie findest du den?“, fragte er.
„Den nicht“, antwortete Tina. „Ich möchte den hier.“ Das Mädchen hüpfte zu einem Baum und umarmte ihn wie einen verloren geglaubten Freund.
Ihr Vater verzog das Gesicht. Bitte nicht. Nicht diesen Krakel.
„Wie wäre es mit diesem?“ Schnell nahm er den nächsten Baum aus der Reihe und stellte ihn mit ausgestrecktem Arm neben sich. „Der wäre doch perfekt, findest du nicht?“
„Nein, den mag ich nicht. Ich möchte diesen.“ Tina zeigte erneut auf den Baum an ihrer Seite.
„Ich habe mir eigentlich einen anderen Baum vorgestellt. Meinst du, wir finden einen, der uns beiden gefällt?“, fragte er seine Tochter. Doch diese ließ sich nicht umstimmen. Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre Zöpfe wild hin und her flogen. „Ich möchte diesen!“
Der Vater stellte seinen Baum zurück in die Reihe und betrachtete Tinas Wahl genauer. Von der anderen Seite wurde er auch nicht schöner.
„Sieh doch, der ist gebogen wie ein Fragezeichen“, erklärte er. „Hier in der Mitte hat er kaum Äste. Und hast du gesehen, dass er drei Spitzen hat?“
„Ist das nicht toll?“, antwortete Tina begeistert. „Die sehen aus wie eine Krone. Das ist der König der Weihnachtsbäume!“
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Der Vater seufzte. So kann man das natürlich auch sehen. Stirnrunzelnd beobachtete er die braunen Nadeln, die von den unteren Ästen zu Boden rieselten. Er dachte an seine Tante Ursula, die Heiligabend jedes Jahr bei ihnen verbrachte. Was sie wohl zu dem König der Weihnachtsbäume sagen würde? Wahrscheinlich würde sie es mit diesem Schmuckstück nicht mal bis zur Bescherung in einem Raum aushalten.
„Lass uns weiter schauen“, versuchte er es erneut. „Tante Ursula wird der da bestimmt nicht gefallen? Du weißt doch, bei ihr muss immer alles perfekt sein.“ „Ist doch egal. Ist doch unser Baum. Und Tante Ursula kann man es eh nicht recht machen.“
„Lass uns trotzdem einen Baum suchen, der ein bisschen… gerader ist?“
„Nein, will ich nicht“, antwortete Tina trotzig.
Ihr Vater kratzte sich am Kopf. Er schaute ratlos in die Ferne. Sein Blick fiel auf die Lichterkette, die an dem Kassenhäuschen im Wind hin und her schaukelte. „Geschmückt sieht doch jeder Baum schön aus“, dachte er. Andererseits hatte er keine Lust, an Heiligabend mit seiner pingeligen Tante zu diskutieren.
„Komm schon, Papa! Wir müssen diesen Baum nehmen“, riss ihn das Mädchen aus seinen Gedanken. „Du hast doch mal gesagt, an Weihnachten darf niemand alleine sein.“
Verwirrt kratzte er sich am Kopf. „Ja, das stimmt. Aber was hat das mit dem Baum zu tun?“
„Dieser Baum ist so hässlich. Wenn wir den nicht nehmen, nimmt ihn keiner. Dann wäre er an Weihnachten ganz alleine. Und du hast gerade gesagt, dass an Weihnachten niemand alleine sein darf.“
Sprachlos schaute er in das entschlossene Gesicht seiner Tochter. Dann lächelte er. Was für ein kluges Mädchen. Stolz hob er den Arm und winkte den Verkäufer heran. „Wir nehmen den König der Weihnachtsbäume!“
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