Mariposa
und der Magier
Ab 5 Jahre | Ca. 9 Minuten | Julia Steinert
Darum geht's
Burgfräulein Mariposa wohnt alleine in ihrer Burg. Naja fast…Ihr bester Freund, der Drache Flavelius, wohnt auch bei ihr. Die Dorfbewohner glauben allerdings, dass Flavelius dem Burgfräulein nicht Gutes möchte. Also planen die Bewohner eine Rettungsaktion. Ob das wohl gut geht?
Mariposa und der Magier | Seite 1/3
Es war die Zeit zwischen Frühling und Sommer. Die Sonne blieb abends schon deutlich länger am Himmel als noch vor ein paar Wochen, und die Drachenkinder Fligi und Drachi saßen mit ihrem Opa abends oft vor ihrer Höhle und genossen die letzten Sonnenstrahlen.
„Opa, erzählst du uns eine Geschichte?“, bat Fligi eines Abends.
„Hm, mal überlegen. Kennt ihr die Geschichte von dem Burgfräulein Mariposa und dem Magier?“, fragte Opa die Kinder. Sie schüttelten die Köpfe.
„Es war einmal und es war keinmal“, begann Opa, „ein Geisterbaum. Er war von einer dicken Schicht trockenen Efeus überwuchert, die wie eine Decke auf ihm zu liegen schien. Es sah aus, als hätte sich der Baum als Gespenst verkleidet. Er stand in der Nähe einer kleinen Burg mit einem hohen Turm. Dort lebte ein Burgfräulein namens Mariposa.
Mariposa liebte die Ruhe, die sie in ihrem Burgturm hatte, und auch die Aussicht von dort oben. Sie blickte von dem Turm aus über einen kleinen Wald, hinter dem sich Wiesen mit Obstbäumen erstreckten. In der Ferne konnte sie die Berge sehen, die mehrere Ketten hintereinander bildeten und immer höher in den Himmel ragten. Wenn sie den Kopf etwas nach rechts drehte, konnte sie ein Dorf sehen. Die Dorfbewohner sah Mariposa jedoch selten, und das hatte einen Grund. Dieser Grund hieß Flavelius Dragocor. Flavelius war ein gelber Drache. Gelbe Drachen sind sehr selten, wie ihr wisst. Sie sind noch viel größer als alle anderen Drachen. Flavelius war Mariposas bester Freund. Er lebte mit ihr auf der Burg. Da er so groß war, dass er nicht mit in den Turm passte, saß er meistens davor und unterhielt sich mit Mariposa durch das Fenster. Die Dorfbewohner, die den gigantischen gelben Drachen stets vor dem Turm sitzen sahen, begannen, sich die wildesten Geschichten zu erzählen. Sie sagten, der Drache hielte das Burgfräulein gefangen und wollte es irgendwann auffressen. Deshalb näherten sie sich nie der Burg. Mariposa war das nur recht, denn so hatte sie ihre Ruhe und viel Zeit zum Lesen. Und für ihre Geschichten, die sie schrieb und Flavelius dann vorlas. Außerdem diskutierte sie stundenlang mit Flavelius über das, was sie in ihren Büchern gelesen hatte. Der Drache hatte viel von der Welt gesehen und es erstaunte Mariposa immer wieder, an wie vielen Orten er schon gewesen war, die sie nur aus ihren Büchern kannte.
Mariposa schlich sich manchmal durch einen unterirdischen Gang nach draußen. Denn natürlich hatte auch ihre Burg, wie alle Burgen, einen Geheimgang. Er endete hinter dem Wald auf einer Apfelwiese. Da sie immer einfache Kleider und einen Hut trug bei ihren Ausflügen, erkannte sie niemand. Denn die Menschen hatten sie bisher nur in ihren Burgfräuleinkleidern gesehen. Sie ging gern über die Wiesen und durch den Wald spazieren. Besonders oft ging sie zum Geisterbaum. Der stand am Waldrand und schien über die Wiesen auf die weit entfernten Berge zu blicken. Manchmal stand Mariposa vor dem Baum und unterhielt sich mit ihm, einfach so aus Spaß. Natürlich erwartete sie keine Antwort, er war ja schließlich ein Baum.
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Umso erstaunter war sie, als sie eines Tages eine Stimme vernahm, als sie wieder einmal vor dem Baum stehen geblieben war und ihn aus Gewohnheit fragte: ‚Wie geht es dir?‘
‚Danke, liebes Burgfräulein, mir geht es sehr gut. Und wie geht es dir?‘
Mariposa sah den Baum erstaunt an. Hatte er ihr eben wirklich geantwortet? Doch dann hörte sie ein Rascheln, und hinter dem Baum trat ein Mann hervor. Sie erkannte auf den ersten Blick, dass er ein Magier war. Er trug zwar nicht die übliche Tracht der Magier, sondern ganz gewöhnliche Kleidung. Aber es war, als könne sie in sein Herz sehen und erkennen, wer er wirklich war. Und er hatte auch gewusst, dass sie ein Burgfräulein war, obwohl auch sie kein weites Burgfräuleinkleid mit langer Schleppe trug. Das fand sie nämlich furchtbar unpraktisch.
‚Mein Name ist Ramon‘, stellte er sich vor und verbeugte sich leicht.
Mariposa dachte, dass er wirklich sehr höflich war. ‚Ich heiße Mariposa’, erwiderte sie daher.
‚Du bist das Burgfräulein Mariposa, das von einem schrecklichen Drachen bewacht wird? Im Dorf reden alle von dir. Wie ein Burgfräulein in Nöten siehst du aber gar nicht aus‘, stellte er mit einem Augenzwinkern fest.
Mariposa grinste und antwortete: ‚Ach, wenn die Leute das denken, dann habe ich wenigstens meine Ruhe. Früher sind sie andauernd vorbeigekommen und wollten mir irgendwelchen Tratsch erzählen. Das ist doch mir egal, ob sich die Cousine von irgendwem mit der Tante von irgendwem anders wegen irgendwas gestritten hat. Die sollen sich einfach wieder vertragen und nicht das ganze Dorf wegen so etwas aufscheuchen! Weißt du, der Drache Flavelius ist mein bester Freund, andere Gesellschaft brauche ich gar nicht.‘
‚Allerdings meinen die Dorfbewohner, sie müssten dich retten kommen. Ich habe heute Morgen auf dem Marktplatz gehört, dass sie den Drachen angreifen wollen. Sie haben sogar Verstärkung aus anderen Dörfern dabei. Morgen Abend wollen sie zur Burg ziehen‘, erzählter der Magier.
Mariposa verzog das Gesicht und seufzte ‚Oh nein, dabei hatte ich gehofft, Flavelius sei groß genug, um sie abzuschrecken. Nachdem Flavelius bei mir eingezogen ist, habe ich habe mich extra verkleidet unter die Leute geschlichen und Gerüchte verbreitet, dass mich ein böser Drache gefangen hält, damit sie mich in Ruhe lassen. Was haben wir beide gelacht, als wir uns das ausgedacht haben. Er war auf einer Reise und ist bei mir zwischengelandet, weil er müde war, und hat gefragt, ob er im Burghof schlafen dürfe. Wir haben uns so gut verstanden, da ist er geblieben. Obwohl ich glaube, dass er seine Reisen vermisst‘, schloss sie nachdenklich. Mariposa und Ramon unterhielten sich noch lange und es war, als würden sie sich schon ewig kennen. Ramon war tatsächlich ein Magier, aber er versuchte nicht, die Leute mit irgendeinem Hokuspokus zu beindrucken. Er nutzte seine Magie, um Pflanzen wachsen und gedeihen zu lassen. Er zeigte Mariposa, wie er einem kränklichen Apfelbaum neues Leben einhauchte. Zum Dank ließ der Baum einen Apfel in Ramons Hand fallen. Er gab ihn Mariposa, und sie musste zugeben, dass sie noch nie einen süßeren Apfel probiert hatte.
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Als sie sich verabschiedeten, lud Mariposa ihn für den nächsten Tag auf die Burg ein, damit er Flavelius kennenlernen konnte. Sie würde ihm die Tür zu dem Geheimgang öffnen und zeigte ihm den Eingang, wo er warten sollte.
Als sie Flavelius am Abend von ihrer Begegnung mit Ramon erzählte, grinste der breit und sagte: „Soso, und dein Apfelmagier kommt uns morgen besuchen. Willst du, dass ich ihn erschrecke?“
‚Auf keinen Fall!‘, rief Mariposa und wurde ein wenig rot, als sie sah, dass Flavelius‘ Grinsen noch breiter wurde. In dieser Nacht konnte sie lange nicht einschlafen, weil sie an den Magier denken musste. Sie hatte die ganze Zeit glücklich und zufrieden nur mit Flavelius gelebt. Nun aber hatte sie zum ersten Mal jemanden getroffen, mit dem sie sich genauso gern unterhielt wie mit Flavelius. Und sie hatte es wundervoll gefunden, dass er dem kranken Baum geholfen hatte. Am nächsten Tag holte sie den Magier an der Tür zum Geheimgang ab und führte ihn zur Burg. Sie war überrascht, dass er gar keine Angst vor Flavelius hatte.
Im Gegenteil, er verbeugte sich leicht vor ihm und sagte: ‚Mariposa hat mit erzählt, was du für eine wunderbarer Freund für sie bist. Ich hoffe, wir beide können auch Freunde werden.‘
Und das wurden sie. Flavelius erzählte den beiden viele Geschichten von seinen Reisen. Und bis es dunkel wurde, hatten die drei einen Entschluss gefasst: Sie würden zusammen weggehen und sich die Welt ansehen.
Und so kam es, dass die Dorfbewohner, die an diesem Abend mit Fackeln und Mistgabeln bewaffnet auf dem Weg zur Burg waren, plötzlich über sich einen riesigen Schatten sahen und außerdem ein Lachen hörten. Das waren Mariposa und Ramon, die auf Flavelius‘ Rücken saßen und mit ihm zusammen einem neuen Kapitel ihrer Geschichte entgegenflogen.“
„Ach, Opa, das war schön!“, schwärmte Drachi, und auch Fligi schaute ganz verträumt.
„Ja, und was sie für Abenteuer erlebten, das erzähle ich euch ein anderes Mal. Jetzt wird es Zeit, dass ihr ins Bett kommt“, sagte Opa und stand auf.
Gemeinsam gingen sie in die Höhle, wo die beiden Drachengeschwister einschliefen, sobald ihre Köpfe auf ihren Kissen lagen.
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